Willkommen beim Institut für Produktdauer-Forschung

1982 in Genf (Schweiz) gegründet, ist das Institut für Produktdauer-Forschung die älteste unabhängige,nicht-gewinnorientierte Beratungsorganisation für nachhaltiges Wirtschaften in Europa. Unser Hauptziel ist die Eröffnung neuer Horizonte der wirtschaftlichen Entwicklung im Sinne einer „Performance Economy“ – einer funktionalen Dienstleistungswirtschaft, fokussiert auf den Verkauf von Nutzen (Dienstleistungen) statt von Gütern und die Internalisierung aller Risiko- und Abfall-Kosten von der Wiege bis zur nächsten Wiege (cradle to cradle). Die Performance Economy ist die wettbewerbfähigste Strategie eines Wirtschaftens in Kreisläufen (WINK, oder circular economy), welches durch die Nutzungsdauerverlängerung von Komponenten und Gütern (durch Wiederverwendung, Aufarbeitung (remanufacturing) und technologisches Hochrüsten sowie das remarketing von Gütern) in einem regionalen Wirtschaften lokale Arbeitsplätze schafft, den Ressourcenverbrauch vermindert und Abfälle vermeidet.

Das Institut hat früh neue Konzepte und Begriffe wie ‘cradle to cradle’ und ‘den Verkauf von Nutzen statt Produkten’ geprägt, die heute zum allgemeinen Sprachgut zählen.

Die Vision ist eine nachhaltige Wirtschaft und Gesellschaft, die auf den folgenden fünf Pfeilern ruht und Teil einer ganzheitlichen Gesellschaft ist, welche nach den fünf Pfeilern erläutert werden wird.

  • Naturschutz und le-bensunterstützende Funktion der Natur: Der Naturschutz im eigentlichen Sinne, wie er sich in Naturparks und ähnlichen 'nicht-produktiven' Landschaften zeigt (Stichwor-te sind u. a.: hohe Artenvielfalt; ganzheitlicher Schutz der Öko-Systeme; Ressourcen-schutz; Steuerung der Land- und Gewässernutzung);

  • Gesundheit und Sicherheit (Toxikologie): Die chemische Dimension der vom Menschen geschaffenen Umweltbelastungen: Die Vermeidung von toxischen Um-weltbelastungen (Toxikologie ist im Prinzip nachsorgend) primär zum Schutz des Men-schen, aber auch der Natur (Stichworte: Dioxin; Schwermetalle; Akkumulation); Zäsur 1: Von Umweltschutzkosten zu höherer Wettbewerbsfähigkeit

  • Verringerung der Ressourcenströme, die durch die Wirtschaft fliessen, durch eine höhere Ressourcen-Produktivität: Die durch menschliche Tätigkeiten verursachten Stoff- und Energieströme sind für den Menschen als Problem weniger wahrnehmbar, können aber an den Lebensnerv der Ökosysteme gehen; Ressourcenschonung ist vorsorgend (Stichworte: Versäuerung durch Bergbau, Bewässerung und Verbrennung von fossilen Energien; Kampf um Ressourcen); Zäsur 2: Von der zukunftsfähigen Wirtschaft zur zukunftsfähigen Gesellschaft

  • Soziale Ökologie: Sie umfasst die sozialen Beziehungsnetze, welche dem Einzelnen erst die Stabilität geben, sich für die Umwelt zu interessieren. Die um-weltabhängigen Faktoren der Nachhaltigkeit (Säulen 1 bis 3) könnten sich als solider er-weisen als die sozialen Beziehungsnetze, welche heute weitgehend vernachlässigt wer-den; wirksame soziale Ökologie ist vorsorgend (Stichworte: Arbeitslosigkeit; Beziehungs-losigkeit, Verunsicherung; sinnvolle und qualifizierte Arbeit für alle, die arbeiten wollen);

  • Kulturelle Ökologie: Kulturelle Ökologie ist lokal und regional und an ihren Wurzeln kann rasch angesetzt werden (Stichworte: Wertesysteme, Verhaltenswei-sen, Mythen; Sicherheit und Gerechtigkeit; Partizipation; kulturelle Vielfalt etc.: "Abfall ist Ineffizienz ist unjapanisch" (MITI 1995); "Zeig anderen, dass Du Sorge tragen kannst, z.B. dadurch, dass Du Deinen PKW pflegst statt einen neuen zu kaufen"; "Null Abfall be-deutet 100% Ertrag").

Wir verfolgen diese Ziele

  • durch angewandte wissenschaftliche Forschung,
  • als Berater von Unternehmen, Regierungsbehörden und Universitäten, um die Realisierung der anvisierten nachhaltigen Lösungen und Innovationen zu fördern und zu coachen.

Der wahre Reichtum einer Gesellschaft liegt in einer intelligenten Bestandesbewirtschaftung

Gesellschaftlicher Reichtum, Wohlstand und Wohlfahrt sind schon heute in qualtitativer und quantitativer Hinsicht definiert in Bezug auf den Bestand (allerdings unausgesprochen).

Dies ist offensichtlich beim

  • Naturkapital, wie Gewässer, Trinkwasser und Böden, aber auch der Wald-, Tier- und Fischbestand;
  • Kulturkapital,
  • Humankapital inklusive Bildung, Ausbildung, und Gesundheit der Bevölkerung,
  • Güterkapital (manufactured capital),
  • Finanzkapital (bzw. seiner realwirtschaftlichen Komponente),

wo eine Optimierung der Qualität und Quantität der Bestände den Reichtum der Gesellschaft erhöht.

Ebenso übereinstimmend ist die Akzeptanz, dass Pflegen und Sorge tragen (CARING Tätigkeiten) die wichtigsten Eigenschaften sind, um den Bestand zu sichern bzw. die Qualität zu erhöhen; bezogen auf Finanzinvesititonen (Infrastrukturen, Gebäude, Maschinen) und Güterbestand geht es um Betrieb und Instandhaltung, aber auch um technologisches Hochrüsten (anpassen an den technologischen Fortschritt).

In zwei Fällen weicht die Industriegesellschaft vom Primat der Bestandesoptimierung ab:

  • Die (industrielle) Wirtschaft, wo die Quantität des Durchflusses gemessen und als Wohlstand betrachtet wird: das Bruttosozialprodukt für die Nationalökonomie, der Umsatz für die Betriebswirtschaft (die Qualitätsabwägung entscheidet der Markt über den Preis),
  • Das Humankapital—die Bevölkerung als Bestand oder Menschenkapital, inklusive ihre Gesundheit, Bildung, Beschäftigung, Kompetenzen und Fähigkeiten.

Wird das Management dieser zwei Ausnahmegebiete geändert, von der Durchfluss- zur Bestandesoptimierung, lässt sich aufzeigen, dass zwischen der Bestandesoptimierung dieser zwei Ressourcen ein qualitativer Zusammenhang besteht, auf den im folgenden eingegangen wird.

Eine Optimierung des Güterbestandes (manufactured capital) ist möglich durch ein Wirtschaften in Kreisläufen (WINK), mit dem Fokus auf einer optimierte Bestandesbewirtschaftung bestehender ‚Güterflotten‘; dies nähert die Wirtschaft der gesellschaftlichen ‚Normailtät‘ (Bestandesoptimierung) an, vermindert aber gleichzeitig die gesellschaftliche Bedeutung der Fertigungswirtschaft.

Dieser Umbau hat in der EU Gesetzgebung bereits begonnen: die Wiederverwendung und die Lebensdauerverlängerung von Gütern sind die Prioritäten des EU Abfallgesetzes von 2008. Die Umsetzung in die nationalen Gesetzgebungen der Mitgliedstaaten, die bis Ende 2010 hätte erfolgen sollen, geschieht aber nur schleppend.

Eine Optimierung des Humankapitals—der Bevölkerung—stellt eine ebenso grosse Herausforderung dar. In quantitativer Hinsicht ist der Menschenbestand bekannt; in den Augen vieler Ökonomen ist das Problem der alternden Bevölkerung nicht die Altersstruktur, sondern die Finanzierung der Renten im Rahmen des Generationenvertrags.

In qualitativer Hinsicht ist das Humankapital und seine effizienten Einsatzmöglichkeiten nur ungenügend bekannt und kaum erforscht. Dass CARING Tätigkeiten arbeits- und menschlich-intensiv sind—daher kaum mechanisiert werden können—und deshalb relevant für die Schaffung von Arbeitsplätzen sind, geht in der wirtschaflichen Effizienzdiskussion oft vergessen.

Viele Beschäftigungsformen sind mit zunehmenden Gesundheitsproblemen im Alter
verbunden; parallel dazu nimmt aber die Summe der beruflichen Erfahrung zu, welche in der Ausbildung und Betreuung eingesetzt werden könnte.

Dazu kommt, dass es sich bei der Qualität des Humankapitals um eine komplexe und sich wandelnde Grösse handelt. Eine Vielzahl von neueren Forschungsarbeiten des 21.
Jahrhunderts erlauben klare erste Schlussfolgerungen zu diesem Punkt:

(Voll)Beschaftigung ist also aus Gründen der Volksgesundheit wünschenswert; eine ‚Vollbeschäftigung‘ ruft aber nach einer neuen Beziehung zur Arbeit und genügend Arbeitsplätzen für Beschäftigte aller Fähigkeits- und Qualifikationsstufen; dies schliesst politische Anreizstrukturen zur Verhinderung von Frühverrentung und zur Eingliederung von Randgruppen in die Arbeitswelt ein.

Im Hinblick auf die alternde Bevölkerung ist es wünschenswert, dass Wirtschaft und öffentliche Verwaltung geeignete Arbeitsplätze für ältere Arbeitsnehmer anbieten bzw. bestehende Arbeitsplätze frühzeitig an ältere Arbeitsnehmer anpassen (BMW Programm, DB Demographietarifvertrag). Denn eine breitere und längere Tätigkeit der Rentner würde klar einen höheren Selbstfinanzierungsgrad von sozialverträglichen Renten ermöglichen.

Ein Umbau der Wirtschaft in Richtung eines Wirtschaftens in Kreisläufen (WINK) und einer Pflege des Güterbestandes würde den Produktivitätsdruck auf das Naturkapital vermindern und neue dezentrale Arbeitsplätze aller Stufen in einer nachhaltigen Gesellschaft schaffen (ressourcenschonend, abfallvermeidend, arbeitsintensiv und wettbewerbsfähig). Beispiele sind das technische Hochrüsten von Güterbeständen wie

  • Gebäuden (durch Nachisolieren der Gebäudehüllen) im Sinne einer Klimapflege (Verminderung der CO2-Emissionen). Diese Tätigkeiten sind arbeitsintensiv, schaffen lokale Arbeitsplätze, vermindern den nationalen Energieverbrauch und werden viel schneller wirksam als ein Ersatz des heutigen Gebäudebestandes;
  • PKW mit Dieselmotoren (durch Umrüsten auf CNG (Erdgas unter Druck) im Sinne einer Gesundheits- und Klilmapflege. Diese Tätigkeiten sind arbeitsintensiv, schaffen lokale Arbeitsplätze und vermindern die nationale CO2-Bilanz viel rascher als ein Ersatz des Bestandes durch neue sauberere Fahrzeuge.

Diese WINK-Arbeitsplätze sind flexibler und billiger als solche in der Fertigung, da die betroffenen Kapitalkosten viel tiefer sind.

Ein Umbau der Wirtschaft in Richtung 60+ inklusive würde den Verbrauchern neben den staatlichen und Betriebs-Renten und ihrem Vermögen eine zusätzliche finanzielle Sicherheit im Alter ermöglichen.

Eine Anpassung der Rahmenbedingungen im Sinne einer nachhaltigen Besteuerung

  • keine Besteuerung erneuerbarer Ressourcen, inklusive menschlicher Arbeit,
  • nur Besteuerung nicht-erneuerbarer Ressourcen,
  • keine Erhebung der Mehrwertsteuer auf WINK-Tätigkeiten einer Werterhaltung,

würde die Kostenwaage der Nachisolierung von Gebäuden. Längeres Arbeiten im Alter könnte hingegen ein umfassender Lösungsansatz sein.

Eine Anpassung der Rahmenbedingungen im Sinne einer nachhaltigen Besteuerung würde auf jeden Fall den Umbau zu einem Wirtschaften in Kreisläufen (und ohne Subventionen)beschleunigen.

Zusammenfassend können wir festhalten:

  • Wachstum kann definiert werden als Zunahme der Quantität und/oder Qualität der Bestände, unabhängig von der Volatilität des Fertigungs-Durchflusses,
  • Neben der ökologischen (Umwelt und Natur), der sozialen (Humankapital) und wirtschaftlichen (WINK) Tragfähigkeit schliesst diese Definition der Nachhaltigkeit auch die Bewirtschaftung aller anderen Bestände mit ein,
  • WINK erlaubt es, die Übernutzung des Umweltkapitals und die Unternutzung des Humankapitals durch eine sozial- und marktwirtschaftliche Strategie, beruhend auf einem Caring von Beständen, auszugleichen.
  • Die Gesellschaft braucht nicht eine Energiewende, sondern eine Ressourcenwende, welche die menschliche Schaffenskraft—eine erneuerbare und nachwachsende Ressource—miteinschliesst.

Walter R. Stahel/01.04.13